Samstag, 24. Januar 2009
 
Grüne Hofübergabe PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl, akin   
Freitag, 3. Oktober 2008

Der Wechsel an der Spitze der Grünen war vorhersehbar - genauso wie die Art, wie der Wechsel vollzogen wurde.

Irgendwie war die Zeit natürlich reif. Bei den letzten Wahlplakaten der Partei mußte man ja wirklich den Eindruck gewinnen, daß statt der Grünen eine Liste namens "vdb" kandidiert. Der Herr Professor geht in Pension - tatsächlich erreicht er ja Anfang nächsten Jahres das gesetzliche Pensionsalter. In einer Partei, die den Juvenilismus auf ihre Fahnen geschrieben hat, ist so jemand natürlich nicht mehr tragbar.

Van der Bellen wird wohl schon länger überlegt haben, vom Parteivorsitz zurückzutreten. Denn das Wahlergebnis der Grünen war nicht so katastrophal, daß ein Rücktritt die logische Konsequenz gewesen wäre - nach Auszählung der Wahlkartenstimmen wird wohl herauskommen, daß die Grünen ihren Anteil trotz der LiF-Kandidatur gehalten haben. VdB wollte wahrscheinlich schon vor dem Wahltag nicht mehr, nur erstens bleiben Obleute kurz vor einer Wahl trotz Unwillens auch weiterhin im Amt, um ihre Partei vor Schaden zu bewahren, und zweitens geht sich nunmehr Schwarzgrün nicht aus, was den Professor vielleicht doch noch zum Bleiben bewogen hätte.

Jetzt ist also die Hofübergabe passiert. Und niemand findet etwas daran, daß VdB die Partei einfach so an Eva Glawischnig übergeben hat. Schließlich war sie schon seit vielen Jahren als Nachfolgerin aufgebaut worden. Hätte Van der Bellen gesagt, er trete zurück und am nächsten Bundeskongreß möge die Parteibasis über seine Nachfolge befinden, hätten sich alle Beobachter sehr gewundert - so selbstverständlich ist die Sozialdemokratisierung dieser Partei schon.

Glawischnig steht für einen anderen Stil im Auftreten. Vox Populi hat sich da schon im Standard-Forum dazu geäußert. Binnen 6 Stunden nach Bekanntgabe des Rücktritts waren dort schon über tausend Postings nachzulesen, davon viele, die Glawischnig als die Vorzeige-Bobo aus der Seitenblickegesellschaft sehen -- also eher ein Rückschritt gegenüber dem betont bedächtigen Professor mit dem ironischen Lächeln.

Die öffentliche Darstellung VdBs hat aber nur bedingt etwas mit seinem realen Verhalten zu tun. Parteiintern war VdB eher als Diskussionsverweigerer und sehr autoritär bekannt. Wenn es um öffentliche Auftritte ging, hatte er schon bisher lieber seine Stellvertreterin vorgeschickt, anstatt sich selbst zu stellen. Glawischnig hat da wohl eine größere Kommunikationsbereitschaft nach außen hin -- allerdings ist sie so genausowenig wie Van der Bellen dafür bekannt, daß sie sich linker Kritik je gestellt hätte. In der Partei herrscht dafür ja auch kein Bedarf mehr: Mit dem Antritt Van der Bellens wurden interne Debatten ja im Sinne der Parteiräson de facto untersagt. Als man damit auch noch Wahlen gewann, waren Kritiker sowieso abgemeldet.

Dieses Wir-streiten-nicht-mehr-Dogma wird sich wohl mit dem Übergang vom Patriarchen zur Öko-Bobo nicht ändern. Das Ziel der Grünen wird weiterhin sein, nach einer Regierungsbeteiligung zu gieren. Die Inhalte werden auch in Zukunft sekundär bleiben -- eine Taktik, die nicht nur Gesinnungslumperei darstellt, sondern in Zeiten des politischen Umbruchs auch unter der Prämisse der Stimmenoptimierung unklug ist.

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